Belgisches Staatsarchiv

Hüter unserer kollektiven Erinnerung

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Informationen aufbewahren

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Auch wenn Informationen nicht vernichtet werden, können sie verloren gehen. Daher ist eine proaktive Aufbewahrungsstrategie von grundlegender Bedeutung, um Datenverluste und die damit einhergehenden Beeinträchtigungen der Dienstleistungserbringung zu verhindern.

Tips: Unsere 10 Grundsätze für die Verwaltung von digitalem Archivgut.

Was sind Archive?

Archive enthalten alle Informationen, die eine Person oder Einrichtung bei der Ausführung ihrer Aufgaben anlegt oder empfängt. Sie beschränken sich also nicht auf Informationen aus einer bestimmten Zeit, in einer bestimmten Form oder auf einem bestimmten Trägermedium.

Es kann sich um Folgendes handeln:

  • Unterlagen auf Papier oder digitale Datenbestände
  • Text, Fotos, Filmfragmente, Tonaufnahmen, E-Mails, Websites oder andere Informationsobjekte
  • alte oder neuere Dokumente: man spricht auch vom Lebenszyklus eines Archivs

Archive haben einen Lebenszyklus in drei Phasen:

  • Dynamische Phase: Die Dokumente werden noch bearbeitet und ergänzt. Sie befinden sich daher noch griffbereit am Arbeitsplatz oder in einem digitalen Ordnungs- oder Dokumentenverwaltungssystem.
  • Semi-dynamische Phase: Die Bearbeitung der Dokumente ist abgeschlossen, sie werden aber zu administrativen oder juristischen Zwecken noch gelegentlich oder regelmäßig eingesehen. Deshalb befinden sie sich noch im Gebäude oder auf dem Server der Einrichtung.
  • Statische Phase: Die Dokumente haben keinen direkten administrativen oder juristischen Nutzen mehr (ihre Aufbewahrungsfrist ist verstrichen) und werden nach Bewertung je nach Endbestimmung entweder vernichtet oder zur dauerhaften Aufbewahrung in das Staatsarchiv überführt.

Warum ist es wichtig, Archive ordnungsgemäß zu verwalten?

Nicht nur bei laufenden Akten ist eine ordnungsgemäße Verwaltung vonnöten, sondern auch bei semi-statischen und statischen Archiven, und zwar aus folgenden Erwägungen:

Investitionen in Archive zahlen sich aus

Durch die rasant steigende Fülle an Informationen, beispielsweise anhand von E-Mails, wird eine proaktive Archivverwaltung stets unabdingbarer.

Finanzielle Mittel frei zu machen für die erforderliche Expertise und Infrastruktur ist kein unnötiger Luxus, sondern eine Investition in die Rationalisierung der Einrichtung, die Verbesserung ihrer internen und externen Kommunikation und die Stärkung ihres Ansehens.

  • Informationswert: Archivverwaltung ist ein integraler Teil des Wissensmanagements ihrer Einrichtung; durch unvollständige oder fehlerhafte Informationen kann die Kontinuität der Dienstleistungserbringung gefährdet werden, können Benutzer und Mitarbeiter nicht korrekt informiert werden und keine wohlbedachten Entscheidungen getroffen werden.
  • Demokratischer Wert: Archive sind das Zeugnis des Handelns und Entscheidens der öffentlichen Behörden und als solche grundlegender Teil der Auskunfts- und Rechenschaftspflicht gegenüber dem Bürger; so tragen Archive dazu bei, Transparenz bei den Behörden zu schaffen.
  • Juristischer Wert: Dokumente dienen auch dazu, Rechte, Pflichten, Vereinbarungen oder Errungenschaften zu belegen, und können als Beweismittel bei Rechtsstreitigkeiten vorgebracht werden.
  • Wirtschaftlicher Wert: Informationen müssen verlässlich und rasch verfügbar sein; Organisationen, die nicht schnell über verlässliche und authentische Informationen verfügen können, verlieren Zeit, Geld und Glaubwürdigkeit.
  • Historischer Wert: Archive sind Teil unseres Kulturerbes; nur durch Nachforschungen in Archivbeständen können unsere gemeinsame Identität und kollektive Erinnerung genährt und berichtigt werden.

Aus diesen Gründen hat der Gesetzgeber die Behörden im Archivgesetz dazu verpflichtet, ihre Archive in gut erhaltenem, geordnetem und zugänglichem Zustand aufzubewahren und das Staatsarchiv  damit beauftragt, darüber zu wachen, dass dies ab dem Anlegen oder dem Erhalt der Archive auch geschieht.

Archive dürfen ohne Genehmigung des Staatsarchivs nicht vernichtet werden und müssen nach 30 Jahren an das Staatsarchiv überführt werden.

Was beinhaltet ordnungsgemäße Archivverwaltung?

Archive müssen in gut erhaltenem, geordnetem und zugänglichem Zustand aufbewahrt werden. Was bedeutet das?

  • Gut erhalten: Fortbestand, Echtheit, Integrität, Anordnung, Zugänglichkeit und Lesbarkeit des Trägers und der darauf festgehaltenen Daten müssen für die vollständige Dauer ihres Lebenszyklus gewährleistet werden.
  • In geordnetem Zustand: Die Dokumente müssen auf kohärente Weise geordnet und klassifiziert sein und eine eindeutige und einheitliche Bezeichnung haben. Weitere Informationen über das Ordnen.
  • In zugänglichem Zustand: Die Dokumente können innerhalb einer annehmbaren Frist gefunden werden mithilfe von Inventaren, Metadaten und gegebenenfalls anderen Findmitteln. Die Dokumente müssen im Laufe ihres gesamten Lebenszyklus nachverfolgbar sein.


Die Grundlagen für ordnungsgemäße Archivverwaltung sind:

  1. Verantwortungsbewusstsein
  • Bestimmung der Verantwortlichen
  • Sensibilisierung der Mitarbeiter
  1. Qualifiziertes Personal und Weiterbildungen
  • Ein diplomierter oder erfahrener Archivar und/oder Informationsverwalter
  • Weiterbildungen für das Fachpersonal und die anderen Mitarbeiter
  1. Unerlässliche Arbeitsmittel
  1. Präzise definierte Prozeduren
  1. Infrastruktur
  1. Ausreichende Finanzmittel
  • Strukturelles Budget für Personal, Weiterbildung, Infrastruktur und Unterhalt
  • Flexible Finanzmittel für punktuelle Bedürfnisse wie beispielsweise die Behandlung von Schimmelbefall an Archivalien

Was beinhaltet ordnungsgemäße digitale Archivverwaltung?

Bei digitalen Archivalien muss besonders auf die Lesbarkeit, Integrität und Authentizität der Daten geachtet werden:

ISO 15489.

ISO 15489 ist die wichtigste Norm für die Verwaltung von Schriftgut (Records Management), in der auf 30 Seiten die  Grundprinzipien  und  Anforderungen auf höchster Ebene für Schriftgutverwaltung festgelegt sind, sodass die Verlässlichkeit der Dokumente als Zeugnis und Beweis von Verwaltungs- und Geschäftsvorgängen sichergestellt werden kann.

Die Norm wurde für Unternehmen entwickelt, ist aber weit verbreitet.

Die letzte Version stammt aus dem Jahr 2016. Teil 1 der ursprünglichen Version von 2001 wurde ersetzt. Teil 2 wurde gestrichen.

  • Lesbarkeit:
    • Was? Die Daten werden auf einem Träger und in einem Format gespeichert, die eine einfache Einsichtnahme mit den heutigen technischen Mitteln ermöglichen.
    • Wie? Durch die Nutzung von Software, die die Speicherung von Datenbeständen in einem dauerhaften Format ermöglicht, durch das Erstellen einer Aufbewahrungsformatetabelle  und die pünktliche Durchführung der geplanten Konvertierungen, durch Technologieüberwachung (technology watch) und Dateien rechtzeitig auf neue Träger zu migrieren.
  • Authentizität:
    • Was? Die Dokumente sind das, was sie angeben zu sein, und die Informationen über ihren Inhalt und Ursprung (Urheber, Erstellungsdatum etc.) sind wahrhaftig.
    • Wie? Durch die Festlegung von Strategien und Prozeduren darüber, wie Schriftgut angelegt, erworben und verwaltet wird, und die Authentifizierung und Identifizierung der Urheber.
  • Integrität:
    • Was? Die Dokumente sind vollständig und unverändert seit dem Erstellungs- oder Empfangszeitpunkt (mit Ausnahme der für ihre Verwaltung erforderlichen Änderungen).
    • Wie? Durch die Festlegung, welche Hinzufügungen oder Annotationen zulässig sind nach dem Erstellen des Dokuments, unter welchen Bedingungen sie zugelassen werden können, und wer sie vornehmen darf, und indem alle Hinzufügungen, Annotationen oder Änderungen eindeutig anzugeben (anders gesagt: nicht nur regelmäßig die Prüfsumme kontrollieren).

 

Zehn Grundsätze für ordnungsgemäße digitale Archivverwaltung:

  1. Archive in dazu geeigneten Archivräumen aufbewahren.
  2. Die Empfehlungen des CCB in Sachen Cybersicherheit befolgen..
  3. Geeignete Datenträger benutzen.
  4. Den Zustand der Datenträger und Daten regelmäßig überprüfen.
  5. Daten rechtzeitig auf andere Datenträger migrieren.
  6. Langlebige Dateiformate wählen und Dateien konvertieren, um ihre Lesbarkeit zu garantieren.
  7. Über technologische Entwicklungen, Trends und Normen im IT-Sektor auf dem Laufenden bleiben.
  8. Ausreichende, geeignete und korrekte Metadaten erfassen.
  9. Datensicherung auf verschiedenen Speichermedien, die nicht denselben Gefahren ausgesetzt sind .
  10. Auf von Mensch oder Natur verursachte Katastrophen vorbereitet sein.

 

Können alle digitalen Archive, sowohl aktive als auch passive, im selben System aufbewahrt werden?

Die funktionellen Anforderungen von dynamischen, semi-statischen und statischen Archiven sind unterschiedlich:
  • Akten in laufender Nutzung müssen angelegt, ergänzt, bearbeitet und vernichtet werden können; sie müssen stets und rasch zugänglich sein.
  • Abgeschlossene Akten können nicht mehr bearbeitet oder gegebenenfalls vernichtet werden, ihre Lesbarkeit, Integrität und Authentizität müssen aber gewährleistet bleiben, damit die Unterlagen weiterhin als Beweisstücke dienen können; sie müssen nicht immer sofort zugänglich sein. Nearline- und Offline-Speicherung können hierfür in Frage kommen.
  • Auch bei statischen Archiven müssen Lesbarkeit, Integrität und Authentizität gewährleistet sein, und sie müssen vernichtet oder überführt werden können; Nearline- oder Offline-Speicherung sind in der Regel ausreichend.

Deshalb werden abgeschlossene Akten vorzugsweise nicht im selben System aufbewahrt wie laufende Akten.

Es gibt zwar Dokumentenverwaltungssysteme mit Archivierungsfunktionen, diese sollten aber kritisch begutachtet werden. Meistens ist Software entweder auf die Verwaltung von aktiven Akten ausgelegt, ODER auf die Aufbewahrung von abgeschlossenen Akten.

Mehr lesen über die Archivierung von Datenbanken…

Wie oft müssen Sicherheitskopien (Backups) angelegt werden und wo werden sie gespeichert?

Sicherheitskopien sind nur dann sinnvoll, wenn sie zu einer tatsächlichen Risikostreuung führen.

Folgende Richtlinien gilt es daher zu beachten:

  • Mindestens zwei Sicherheitskopien aufbewahren und diese Anzahl je nach Risiko erhöhen.
  • Die Sicherheitskopien auf unterschiedlichen Datenträgern speichern.
  • Die Sicherheitskopien an verschiedenen Standorten aufbewahren: das heißt in unterschiedlichen Gebäuden und falls möglich mindestens 20 km voneinander entfernt und an Orten mit unterschiedlichem Risikoprofil (z.B. nicht jeweils am Ufer des selben Flusses).
  • Falls möglich die Sicherheitskopien auf unterschiedlichen Arten von Datenträgern speichern, aber maximal zwei verschiedene Arten.
  • Beim Speichern online, nearline und offline kombinieren.

Nicht vergessen, den Zustand der Sicherheitskopien regelmäßig zu kontrollieren. Siehe weiter oben.

Das Erstellen einer Sicherheitskopie kann automatisiert werden. Es gibt zwei Möglichkeiten:

  • Synchrone Speicherung  ist empfehlenswert, wenn die Organisation sich keinerlei Datenverluste leisten kann und die akzeptable Ausfallzeit nur sehr kurz sein darf, was aber ein schnelles Netzwerk voraussetzt (= kosten- und wartungsintensiv).
  • Asynchrone Speicherung  ist weniger leistungsfähig, da die Daten lediglich zu bestimmten Zeitpunkten kopiert werden, aber bedeutend kostengünstiger und einfacher.

Konkrete Richtlinien hierfür sind zu finden in der Norm ISO 24762.

An welche Subunternehmer kann die Verwaltung der digitalen Archive der Organisation vergeben werden?

Wenn die eigene Organisation nicht über das nötige Personal oder die technische Fachkenntnis verfügt, um bestimmte Aufgaben auszuführen vergibt man sie am besten an einen qualifizierten Dienstleister.
  • Hier kann das Dienstleistungsangebot von GCloud hilfreich sein, das einerseits von der öffentlichen Hand bereitgestellt wird und andererseits unter anderem für sie bestimmt ist.

Seit 2016 gibt es ferner die rechtliche Möglichkeit, einen qualifizierten Vertrauensdiensteanbieter zu beauftragen. Die Inanspruchnahme solcher Dienste wird in Zukunft verpflichtend sein für die Aufbewahrung von Dokumenten, die per Gesetz oder Vorschrift ausdrücklich aufbewahrt werden müssen, wenn man sich für ihre digitale Form entscheidet.

Wer still steht verliert den Anschluss

Der technologische Fortschritt geht unentwegt weiter:

  • Datenträger kommen außer Gebrauch
  • Lesegeräte veraltern und werden nicht mehr produziert
  • Neue Dateiformate ersetzen alte
  • Softwareunternehmen stellen den Support für alte Software ein
  • Neue Industriestandards setzen sich durch
  • Patente laufen aus

Daher ist es wichtig, dass eine Person innerhalb der Organisation die Technologieüberwachung (technology watch) übernimmt und neue technologische Entwicklungen, Trends und Standards genau verfolgt.

Das Personal sollte sich über die Entwicklungen in ihren jeweiligen Fachgebieten auf dem Laufenden halten via Newsletter, Teilnahme an Fachgruppen, Weiterbildungen etc. Das Staatsarchiv informiert auf seiner Website über die neusten fachübergreifenden Normen und Best Practices.

Nur wer darauf vorbereitet ist, kann den Herausforderungen dieser Entwicklungen erfolgreich entgegentreten und die Chancen nutzen, die sich dadurch auftun.

Wie müssen Archivalien auf Papier verpackt und aufbewahrt werden?

  • Dynamische Archive  werden in Schränken in der Nähe des Arbeitsplatzes aufbewahrt, semi-statische Archive in einem Archivraum, der in einer der Häufigkeit der Benutzung angemessenen Entfernung zum Arbeitsplatz gelegen ist. Statische Archive können weiter entfernt vom Arbeitsplatz aufbewahrt werden, und auch hier stets unter fachgerechten Bedingungen.
  • Akten mit einer langen Aufbewahrungsfrist oder die für langfristige Aufbewahrung bestimmt sind, müssen in  säurefreien Mappen aufbewahrt werden.
    • Die Mappen müssen so groß sein, dass die Seiten an der Vorderseite aufeinander gefaltet werden können: So sind die Dokumente sicher verstaut und gut geschützt.
    • Akten mit einer Dicke von mehr als 2 cm können mit einem Leinenband (Köperband) geschlossen gehalten werden, die mit der Schleife nach oben im Karton positioniert werden.
  • Die Mappen werden in soliden, säurefreien Kartons aufbewahrt, die so genau wie möglich dem Format der Dokumente entsprechen.
    • Die Kartons bleiben etwa 30 Jahre lang säurefrei. Der Säuregrad kann mit einem pH-Messstift kontrolliert werden.
    • Die Kartons nicht zu sehr befüllen, aber auch nicht halb leer lassen. Eine Hand sollte noch zwischen die Mappen und die Kartonwand passen. Der Rest des Kartons kann mit Knäueln aus säurefreiem Papier ausgefüllt werden.
    • Die Kartons dürfen nicht luftdicht verschlossen werden. Die Luftzirkulation im Karton hilft dabei, den Säuredunst der Unterlagen entweichen zu lassen.
  • Archivkartons in solide Metallregale oder -schränke stellen.

→ Diese Vorgaben müssen vor allem eingehalten werden bei Archivalien, die zur dauerhaften Aufbewahrung an das Staatsarchiv überführt werden.

Säurefreie Mappen und Kartons können zu vorteilhaften Preisen beim Staatsarchiv oder über den e-Katalog der Föderalen Zentralen Auftragsstelle (FZA) gekauft werden.

Fragen oder Anmerkung?

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