Belgisches Staatsarchiv

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Eupen-Malmedy und sein Gouverneur: Inventar des Archivs des Gouvernements Eupen-Malmedy

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19/12/2015 - Nachforschung - Inventarisierung - Veröffentlichungen - Staatsarchiv in Eupen

Durch das Inkrafttreten des Vertrags von Versailles 1920 wurde Belgien die Hoheit über die Bezirke Eupen und Malmedy übertragen. General Herman Baltia wurde zum Hohen Kommissar und Gouverneur des Gebiets ernannt. Die Tätigkeitsberichte und Memoiren des umstrittenen Baltia werden im Archiv der Regierung von Eupen-Malmedy (1873-1925) aufbewahrt, das nun beim Staatsarchiv in Eupen inventarisiert ist.

Die beiden bis dahin preußischen Landkreise Eupen und Malmedy, wie auch das strittige Territorium von Neutral-Moresnet, wurden aufgrund der Bestimmungen von Art. 32 bis 34 des am 28. Juni 1919 unterzeichneten Versailler Vertrages an Belgien angegliedert. Das  belgische Gesetz vom 19. September 1919 dem neuerworbenen Gebiet den Status eines selbständigen Verwaltungsbezirkes innerhalb des belgischen Staates unter der Leitung eines Hohen Kommissars.

Mit der offiziellen Inkrafttreten des Versailler Vertrages am 10 Januar 1920 erhielt Belgien die volle Souveränität über die Kreise Eupen und Malmedy. Gleichzeitig begann die Tätigkeit des Hohen Kommissars und Gouverneurs zu dem General Herman Baltia ernannt wurde.

Gemäss Artikel II und VII. des Gesetzes vom 19. September verfügte der Hohe Kommissar über beinahe uneingeschränkte und unbefristete Vollmachten. Mit diesen weitreichenden Vollmachten gelang es Baltia, die belgische Gesetzgebung schrittweise einzuführen und die neuen Gebiete an das belgische Schul-, Rechts- und Wirtschaftswesen anzupassen. Weitere Aufgaben des Gouvernements bzw. Baltias waren die Durchführung der Volksbefragung, die Reorganisation der Verwaltung der ihm unterstellten Gebiete sowie die Vorbereitung der definitiven Angliederung des Gebietes.

Obwohl General Baltia für die vollständige politische und rechtliche Assimilation einen Zeitraum von drei Jahrzehnten für erforderlich hielt, wurden bereits 1922 Stimmen laut, die ein Ende des Sonderregimes befürworteten. Erst am 7. März 1925 genehmigte der Senat die Aufhebung des Sonderregimes zum 1. Juni 1925 und die endgültige Eingliederung Eupen-Malmedys in den belgischen Staatsverband zum 15. September desselben Jahres. Durch das Gesetz wurden die bis dahin noch nicht übernommenen belgischen Gesetze in Eupen-Malmedy eingeführt, gleichzeitig erhielten die Bewohner der Ostkantone auch die vollen Bürgerrechte. Durch die Vereinigung mit dem wallonischen Bezirk Verviers ging der bisherige eigene Verwaltungssitz in Malmedy verloren.

Die Person von Baltia ist nicht unumstritten, insbesondere wegen der vom Versailler Vertrag auferlegten und von ihm durchgeführten Volksbefragung in den Ostkantonen, der von seiner Regierung ausgeübten Zensur und der hartnäckigen Assimilierungsversuche. Trotzdem hat Baltia durch seine Sondervollmachten und seine direkte Unterstellung unter den Premier- bzw. Innenminister eine Reihe von Sprach- und Integrationsprobleme auffangen können. Die belgischen Behörden, die 1925 das Ruder übernahmen, ließen des Öfteren den besonderen Status und die damit verbundenen Empfindsamkeiten der neuen Mitbürger außer Acht.

Das Archiv des Gouvernements Eupen-Malmedy (1873-1925)

Das Archiv des Gouvernements Eupen-Malmedy im Staatsarchiv in Eupen umfasst nur einen Teil der Archive des Hohen Kommissars Baltia und seiner Verwaltung. Es handelt sich dabei vornehmlich um die Originale der Dekrete und Verordnungen (1920-1925), um Akten des Pressedienstes dieser Behörde, um Unterlagen des ehemaligen Mitarbeiters Léon Mallinger, um Akten aus dem Bestand des Landratsamtes und der Kreisverwaltung Malmedy sowie um Kopien von Akten aus dem Nachlass Baltias und der Familie Baltias. Über den Verbleib des restlichen Bestandes der Malmedyer Behörde, insbesondere der vielen Sachakten, ist bis heute leider nichts bekannt.

Um die Lücken in der Überlieferung zumindest teilweise zu schließen, werden in diesem Inventar die ergänzenden Quellen ausführlich beschrieben. Zudem sind bestimmte Teile, insbesondere die Presseausschnittsammlung, als analytisches Inventar mit detaillierter Inhaltsbeschreibung konzipiert. Die Presseauschnittsammlung spiegelt alle wichtigen Ereignisse und Entwicklungen in Eupen-Malmedy während dieser bedeutenden Scharnierperiode 1920-1925 wider und dokumentiert auch den Ausbau, die Organisation und die Wirkung der Verwaltung des Generalgouvernements.

Zu den wichtigsten Dokumenten aus diesem Bestand gehören die Tätigkeitsberichte und die Memoiren des Königlichen Hohen Kommissars Herman Baltia. Sie geben Auskünfte über die Beweggründe und Motive Baltias und seiner Verwaltung sowie über die Politik der belgischen Regierung in Sachen Eupen-Malmedy und ihre Haltung den Neubelgiern gegenüber.

 

Das Inventar

Das (in deutscher Sprache verfasste) Inventar kann im Arhcivshop des Generalstaatsarchivs, beim Staatsarchiv in Eupen erworben oder via publicat@arch.be bestellt werden. Sie können das Invantar auch kostenlos als PDF-Datei herunterladen.

HERREBOUT Els, Inventar des Archivs des Gouvernements Eupen-Malmedy (1873-1925)Reihe Inventare des Staatsarchivs Eupen Nr. 4, Veröffentlichung 5543, Generalstaatsarchiv, Brüssel, 2015, € 15,00 (zzgl. Versandkosten).

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